15. ÖMG-Kongress
Jahrestagung der Deutschen Mathematikervereinigung

16. bis 22. September 2001 in Wien


Sektion 15 - Geschichte und Philosophie der Mathematik
Donnerstag, 20. September 2001, 14.30, Hörsaal NIG II

 

Die Bücher des Danziger Rechenmeisters Erhart von Ellenbogen

Stefan Deschauer, TU Dresden

 

Das ,,Rechenbuch auff Preussische müntze / mas vnd gewichte`` (Wittenberg 1536, gekürzte Fassung Danzig 1538) des Erhart von Ellenbogen ist nach derzeitigem Kenntnisstand das frueheste kaufmaennische Rechenbuch fuer Preussen. Ueber diesen Umstand hinaus, der allein schon unsere Aufmerksamkeit verdient, ist das Werk durch inhaltliche Besonderheiten gekennzeichnet, die mit der eigenwilligen Persönlichkeit des Autors zusammenhängen. Z. B. lässt er 3 Rechenmeister einen Betrag nach einem merkwürdigen Schluessel aufteilen - die ersten beiden teilen falsch, nur der dritte (er selbst) hat angeblich die richtige Lösung. Ihm werden ,,Exempel`` zugesandt, mit denen man ihn (natürlich vergeblich) in die Enge treiben will. Die bei Balthasar Licht (1500) aufgeführten 7 ,,langweiligen`` Regeln beim Dreisatz mit Brüchen finden sein Missfallen ebenso wie die Welsche Praktik: Er beherrscht sie zwar souverän, warnt aber zu Recht vor der ,,Langsamkeit`` dieser angeblichen ,,Geschwindigkeit in Regula Detri``. Von Ellenbogen ist ein weitgereister Mann; er hat nach eigenen Angaben schon in Thorn, Liegnitz, Nuernberg, Passau, Wien, Prag und Kastav (bei Rijeka) Schule gehalten. Seine Rechenschule in Danzig scheint zu florieren, nun will er auch Mädchen und Frauen aufnehmen, für die er sogar ein kleines Werk verfasst hat: ,,Fuer Junckfrawen vnde Frawen / Ein kurtz lustig Rechenbuechlein gesetzt`` (Danzig 1540). Unter diesen Umständen hat er sich bei seinen Kollegen und Mitbürgern offenbar nicht beliebt gemacht.

E-Mail: desch@math.tu-dresden.de
Homepage: www.math.tu-dresden.de/did/didaktik.html


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